Hintergrund
Beruflich bedingte Allergien stehen seit Jahren an der Spitze der angezeigten Berufskrankheiten. Aufgrund des gleichzeitig wachsenden Anteils der Allergiker*innen in der Bevölkerung und der schlechten Prognose von Berufsasthma besteht dringender Handlungsbedarf im Bereich der Primärprävention. Voraussetzung für wirksame Präventionsmaßnahmen sind jedoch fundierte Kenntnisse über individuelle und berufliche Risikofaktoren.
Des Weiteren sind atopische Erkrankungen die häufigsten Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter, wobei eins von vier Kindern bzw. Jugendlichen betroffen ist. Man kann heute davon ausgehen, dass genetische Faktoren sowie umweltbedingte Einflüsse während der Schwangerschaft das Risiko für Asthma und Allergien auch generationenübergreifend beeinflussen. Diese Interaktionen könnten vor allem eine große Bedeutung im frühen Lebensalter vor dem Auftreten der Erkrankung haben.
Ziel der SOLAR-Studie ist es daher, in einem bevölkerungsbezogenen Ansatz Kinder bis ins Erwachsenenleben und damit bis nach dem Eintritt ins Berufsleben zu beobachten. Hierbei soll u.a. der Einfluss atopischer Erkrankungen auf die Berufswahl untersucht werden. Darüber hinaus sollen erste Hinweise über den Anteil des Berufs an den Erkrankungen und die Latenzzeit bis zum Auftreten von Berufsallergien gewonnen werden. Durch die Betrachtung mehrerer aufeinanderfolgender Generationen sollen zudem generationenübergreifende Effekte untersucht werden.
Durch den frühen Einschluss der Teilnehmer in die Studie sowie den langen Beobachtungszeitraum besteht durch die SOLAR-Studie die einmalige Möglichkeit, Langzeitprognosen zu erstellen und spezifische Risikofaktoren für arbeitsbedingte Atemwegserkrankungen und Allergien zu erforschen.
Die SOLAR-Studie wird an zwei Studienzentren durchgeführt: München und Dresden. Dabei handelt es sich um die ursprünglichen Studienzentren der Internationalen Studie zu Asthma und Allergien während der Kindheit (ISAAC).
Die SOLAR-Studie wird/wurde in Zusammenarbeit folgender Institute/Kliniken durchgeführt:
- Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, LMU Klinikum München (Datenzentrum)
- Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden
- Dr. von Haunersches Kinderspital, LMU Klinikum München
- Helmholtz Zentrum München
- Institut für Epidemiologie der Universität Ulm
ISAAC ist die Abkürzung für die „Internationale Studie zu Asthma und Allergien während der Kindheit“. ISAAC wurde zwischen 1993 und 2003 durchgeführt und besteht aus drei Phasen: Phase 1 fand in 156 Studienzentren in 56 Ländern statt und beschäftigte sich vor allem mit der Frage, wie Asthma und Allergien in den verschiedenen Zentren verteilt sind, und damit, eine Grundlage für weiterführende Untersuchungen zu schaffen. In Phase 2 (ISAAC 2) wollten die Forscher vor allem herausfinden, welche Faktoren bei der ungleichen Verteilung, die in Phase 1 festgestellt worden ist, eine Rolle spielen. An Phase 2 waren zwar weniger Studienzentren beteiligt, allerdings wurden dafür neben Fragebögen auch klinische Untersuchungen durchgeführt. In Phase 3 sollte schließlich der Trend im Vergleich zu Phase 1 untersucht werden.
Die SOLAR-Kohorte, also die Personen, die wir im Rahmen der SOLAR-Studie über die Jahre hinweg begleiten durften, wurde ursprünglich zur Teilnahme an Phase 2 der ISAAC-Studie eingeladen. Damals waren die Teilnehmer*innen zwischen 9 und 11 Jahren alt. Dresden und München waren die deutschen Zentren von ISAAC 2 und sind daher auch die Studienzentren der SOLAR-Studie. Insgesamt haben 6399 Kinder teilgenommen.
Englischsprachige Quellen
- Webseite der ISAAC-Studie
- Asher und Kollegen, International study of asthma and allergies in childhood (ISAAC): rationale and methods, European Respiratory Journal, 1995
- Weiland und Kollegen, Phase II of the International Study of Asthma and Allergies in Childhood (ISAAC II): rational and methods, European Respiratory Journal, 2004
Die SOLAR-Studie basiert auf der Idee, die gesammelten Informationen aus Phase 2 der ISAAC-Studie zu nutzen, um eine Langzeitstudie zu Asthma und Allergien durchzuführen. Dabei sollte der Fokus speziell auf Belastungen am Arbeitsplatz liegen, denn Asthma und Allergien gehören zu den wichtigsten beruflichen Erkrankungen. Außerdem waren mit München und Dresden zwei Studienzentren aus den alten und neuen Bundesländern beteiligt. So erhielt die Studie den Namen „Studie in Ost- und Westdeutschland zu berufLichen AllergieRisiken“.
Die erste Phase der SOLAR-Studie (SOLAR 1) wurde von 2002 bis 2003 durchgeführt. Die Teilnehmer*innen aus ISAAC 2 waren nun 16 bis 18 Jahre alt. SOLAR 1 beschäftigte sich daher auch mit der Frage, ob der Beginn des Arbeitslebens Einfluss auf den Verlauf von Asthma und Allergien hat. An SOLAR 1 haben 3785 Jugendliche teilgenommen.
SOLAR 1 wurde gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).
Die zweite Phase der SOLAR-Studie (SOLAR 2) fand zwischen 2007 und 2009 statt. Die Teilnehmer*innen waren nun zwischen 19 und 24 Jahren alt. In SOLAR 2 wurden neben Fragebögen auch klinische Untersuchungen durchgeführt. Lungenfunktionstest, Pricktests und Bluttest waren beispielsweise Teile dieser Untersuchung. In SOLAR 2 sollte der Verlauf von Asthma und Allergien nun bis ins junge Erwachsenenalter hin beschrieben werden. Außerdem sollten Risikofaktoren aus Umwelt und Arbeitswelt identifiziert und deren Einfluss abgeschätzt werden. Insgesamt nahmen 2051 Personen an SOLAR II teil.
SOLAR 2 wurde gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) sowie durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).
Die dritte Studienphase der SOLAR-Studie (SOLAR 3) fand zwischen 2017 und 2018 statt. Die Teilnehmer*innen waren mittlerweile zwischen 29 und 34 Jahre alt und schon viele Jahre im Beruf tätig. In SOLAR 3 wurde daher der weiterführende Einfluss von Umweltfaktoren, besonders von Faktoren aus der arbeitsbezogenen Umwelt, auf den Verlauf von Asthma und Allergien untersucht. Im Optimalfall konnte ein Beobachtungszeitraum von inzwischen etwa 20 Jahren betrachtet werden. Neben der weiterführenden Beschreibung des Verlaufs von Asthma und Allergien wurde auch die Untersuchung des Einflusses psychosozialer Faktoren und die Beschreibung beruflicher Präventions- und Gesundheitsförderungsstrategien vorangebracht.
SOLAR 3 wird von die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert.
Ziel von ACROSSOLAR ist es, die Kinder der SOLAR 2-Teilnehmer*innen und deren zweiten Elternteil mit in die Kohorte zu integrieren. Durch Fragebögen werden in Phase 1 (ACROSSOLAR 1) Informationen zu Schwangerschaft und Gesundheit der Kinder der SOLAR-Teilnehmer*innen im Alter von etwa einem Jahr sowie zur Gesundheit der Eltern erhoben. Anhand der Informationen über den Verlauf der Schwangerschaft sowie zum ersten Lebensjahr des Kindes sollen Aussagen über einen Einfluss auf eine mögliche Asthma- und Allergieentstehung über Generationen hinweg (englisch: „across generations“) möglich sein.
ACROSSOLAR 1 läuft seit 2009 und wurde vom Verein zur Förderung von Forschung und Wissenschaft e.V. an der Medizinischen Fakultät der LMU, vom Münchner Zentrum für Gesundheitswissenschaften und dem Förderprogramm für Forschung und Lehre des Klinikums der LMU München finanziert.
Nachdem in ACROSSOLAR 1 Informationen über Schwangerschaft und Gesundheit im ersten Lebensjahr der Kinder der SOLAR 2-Teilnehmer*innen gesammelt wurden, findet die zweite Phase der ACROSSOLAR-Studie (ACROSSOLAR 2) statt, sobald die Kinder zwischen 6 und 11 Jahren sind. Grund dafür ist, dass Asthma erst ab diesem Alter verlässlich diagnostiziert werden kann. Über einen Fragebogen werden Informationen über die Gesundheit der Kinder seit dem ersten Lebensjahr erfasst. Ergänzend zum Fragebogen wird eine klinische Untersuchung angeboten. Neben der körperlichen Untersuchung wird ein Test der Lungenfunktion durchgeführt. Aus Blutproben werden zusätzlich Informationen über Allergien und chemische Veränderungen (Methylierung) der Erbinformation gewonnen. Diese Veränderungen markieren unterschiedliche Abschnitte der Erbinformation und bestimmen, in welcher Art und Weise ein Gen abgelesen wird (Epigenetik).
ACROSSOLAR 2 läuft seit 2017 und wurde von der Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert.